Ulm setzt ein "(Denk-)Zeichen"

Erinnerungszeichen für die Opfer von NS-Zwangssterilisation und „Euthanasie“- Morden

Opfererinnerung und Aufklärung

Bürgerschaft, Stadt und Land setzen gemeinsam ein Zeichen – Ein Mahnmal am Standort des ehemaligen Erbgesundheitsgerichts Ulm

Das neue Erinnerungszeichen verweist auf eines der dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte: die NS- „Euthanasie“-Verbrechen, im Zuge derer zehntausende kranke und behinderte Menschen von den Nationalsozialisten systematisch verfolgt und umgebracht wurden. Mindestens 184 Menschen, die aus Ulm stammten oder in der Landesfürsorgeanstalt Oberer Riedhof lebten, wurden in Tötungs-, Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Das Erinnerungszeichen rückt zugleich die 1155 Menschen aus Ulm und Region in den Blick, die auf Grundlage eines Beschlusses des Erbgesundheitsgerichts Ulm gegen ihren Willen sterilisiert wurden. Sie sollten als „Erbkranke“ und „Defektmenschen“ keine Kinder bekommen.

Das Ulmer Mahnmal ist das erste Erinnerungszeichen in Baden-Württemberg, das das Gedenken an die „Euthanasie“-Opfer in Verbindung setzt mit den bisher kaum wahrgenommenen Opfern der Zwangssterilisationen. Das Erinnerungszeichen ist auch deshalb eine Novität für Baden-Württemberg, weil es an einem Gericht als historischem Tatort und zentral im öffentlichen Raum die Beteiligung der Justiz- und Medizinbehörden an den Verbrechen visualisiert sowie Informationen zu den Tätern und Mithelfern bereitstellt. Das Mahnmals ist vor dem Ulmer Justizgebäude, in der NS-Zeit Sitz des Erbgesundheitsgerichts, und in der Nähe des ehemaligen Gesundheitsamts errichtet worden. Es verweist somit auch auf die arbeitsteilige Täterschaft. Vertreter auf Reichsebene, Landesebene und vor Ort waren verstrickt. Dies betrifft sowohl die Zwangssterilisationen als auch die „Euthanasie“-Morde.

Das Erinnerungszeichen macht somit Geschehnisse und Zusammenhänge im öffentlichen Raum auf völlig neue Weise sichtbar.

Im Rahmen des Projekts wurde erstmals umfassend zur Zwangssterilisation in Ulm und Umgebung geforscht. Aber auch die „Euthanasie“-Verbrechen an psychisch kranken, behinderten und sozial unangepassten Menschen hatten in Ulm eine Dimension, die in der Stadt bisher weitgehend unbekannt war bzw. in der Öffentlichkeit kaum thematisiert wurde. Die Täter führten sowohl sogenannte „rassenhygienische“ als auch ökonomische Gründe an, um psychisch erkrankten und geistig behinderten Menschen in Anstalten den „Lebenswert“ und damit das „Lebensrecht“ abzuerkennen. Für die Nationalsozialisten galten sie als gefährlich, als Bürde und Last für den sogenannten „gesunden Volkskörper.“

Die Initiative für das Erinnerungszeichen kam aus der Ulmer Bürgerschaft. Das DZOK hat die Idee aufgegriffen und sie gemeinsam mit dem Initiativkreis, der Stadt Ulm, dem Landgericht Ulm und dem Land Baden-Württemberg weiterentwickelt. Erinnerungszeichen und ein Gedenkbuch werden von Land und Stadt finanziert, das Begleitprogramm aus der Bürgerschaft. Das Erinnerungszeichen wird von den Beteiligten gemeinsam getragen, um zusammen historische Verantwortung für ein arbeitsteiliges Verbrechen zu übernehmen. Ziel des Gesamtprojekts war und ist es, Forschungs- und Erinnerungsarbeit zu verbinden und die Zivilgesellschaft einzubeziehen. Im Rahmen des Ulmer Erinnerungsprojekts wurde auch ein Programm entwickelt, das u.a. Veranstaltungen wie Vorträge und Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Konzerte und vieles mehr umfasst. Das Denkzeichen in Ulm ist Symbol und Ausdruck einer lebendigen Erinnerungskultur, die Vergangenes in der Öffentlichkeit wahrnehmbar macht.


Einladung zur Einweihung des Erinnerungszeichens
für die Ulmer Opfer von NS-Zwangssterilisation und "Euthanasie"-Morden
Sonntag, 27. Oktober 2019, 11.00 Uhr
Download der Einladung zur Einweihung

Begleitprogramm anlässlich der Einweihung
27. September 2019 bis 30. Januar 2020
Download des Begleitprogramms


Darüber hinaus entstand in Zusammenarbeit von DOKZ und dem Stadtarchiv Ulm ein Gedenkbuch. Hierin werden zum einen die Forschungsergebnisse dargestellt, zum anderen dienen Kurzbiografien als Ergänzung und zur Veranschaulichung.

Weitere Informationen auf der Homepage des DZOK:
http://dzok-ulm.de/erinnerungszeichen.html

Siehe auch Mitteilungen des DZOK.
Download des Mitteilungsblatts 70, Juni 2019 (PDF)

 

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