Erinnerungskultur Gurs

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Entstehung: Erinnerungs-, Ruhe- und Gedenkstätte in Gurs

Die Bewahrung des Friedhofs und des historischen Orts in Gurs als Mahn- und Erinnerungsstätte ist der gemeinsamen Initiative des Oberrats der Israeliten in Baden und der Stadt Karlsruhe, hier namentlich dem SPD-Oberbürgermeister Günther Klotz, zu verdanken. Bereits 1955 hatte eine Überlebende im Mitteilungsblatt des Oberrats vom erbärmlichen Erhaltungszustand des Gräberfelds in Gurs berichtet. Doch erst ein Artikel des Karlsruher Journalisten Peter Canisius in der „Badischen Volkszeitung“ vom 10. August 1957 forcierte politisches Handeln. Wiederaufbau und Wirtschaftswachstum, so der Verfasser, habe begangenes Unrecht vergessen lassen, die Nachkriegsgesellschaft belaste damit eine „zweite Schuld“ des Verdrängens und Vergessens. „Noch wenige Jahre und die Holztäfelchen und Schildchen werden verrottet sein. Noch ist es Zeit. Noch könnte etwas getan werden. Oder fühlt man sich bei uns nicht ebenso verpflichtet, den Lagerfriedhof von Gurs instandzusetzen wie die letzten Ruhestätten unserer Soldaten in fernen Ländern zu pflegen?“

Der Karlsruher Oberbürgermeister reagierte prompt. Unterstützt vom Vorsitzenden des Oberrats der Israeliten, Otto Nachmann, nahm er in oft zähen Verhandlungen mit den französischen Behörden und potenziellen Geldgebern etliche Hürden, bis das instandgesetzte Friedhofsareal im März 1963 feierlich eingeweiht werden konnte. Den Schlüssel für die inzwischen auch zum Lernort gewordene Ruhestätte, an deren Pflege und Instandhaltung sich die badischen Heimatorte der hier Bestatteten beteiligen, erhielt der Oberrat für symbolische 99 Jahre. „In dieser Stunde wird man nicht daran vorbeikommen, von Scham und Schuld zu sprechen“, so Oberbürgermeister Klotz in seiner Rede.

„Millionen Menschen haben Grund, sich wegen der rassischen Verfolgung zu schämen, aber ich darf auch sagen, dass diese Scham im deutschen Volke vorhanden ist und dass besonders die Jugend nicht begreifen kann, was ihre Eltern zugelassen haben. Es stimmt, dass viele nichts gewusst haben, aber viele wollten auch nichts wissen und wollten ihr Gewissen auch nicht belasten. Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Teuflischen, solange man selbst nicht betroffen ist, ist Schuld und gebietet Scham!“

Lokale und europäische Dimensionen des Erinnerns

Seither besuchen Delegationen, vor allem aber badische Jugendgruppen, den Erinnerungsort. Gurs ist darüber hinaus inzwischen auch in Baden auf Gedenktafeln, „Stolpersteinen“, in lokalgeschichtlichen Vorträgen und Publikationen präsent. In Mannheim und Freiburg zeigt ein Verkehrshinweis die Entfernung und Fahrtrichtung nach Gurs an.

Seit 2005 beteiligen sich badische Jugendliche an der Ausgestaltung eines zentralen Mahnmals im nordbadischen Neckarzimmern, das alle 137 Städte und Gemeinden im Land symbolisch vernetzt, aus denen Juden deportiert wurden. Für jeden Ort gestalten Schulklassen oder Jugendgruppen zwei Gedenksteine: den einen zum Verbleib in der jeweiligen Gemeinde, den zweiten zur Vervollständigung der Bodenskulptur in Neckarzimmern. Einen ergänzenden 138. Stein hat die 1980 gegründete „Amicale du camp de Gurs“ gestiftet, eine Vereinigung ehemaliger Internierter und ihrer Angehörigen.

Jedes Jahr im Oktober findet in Neckarzimmern eine Gedenkveranstaltung statt. Auch andere baden-württembergischen Gedenkstätten, insbesondere die sich den jüdischen NS-Opfern widmenden Orte in Baden, erinnern in ihren Ausstellungen und mit Veranstaltungen an die Deportation.

In Frankreich wird alljährlich am „Journée de la Déportation“ Ende April an einer nationalen Gedenkstätte wie Gurs der Opfer gedacht. Auf dem ehemaligen Lagerareal erinnern seit Oktober 1994 das Holzgerüst einer rekonstruierten Baracke an die Internierung Tausender und ein historisch nicht authentischer Schienenstrang an die Deportation vieler. Ein „Mémorial universel“ stellt den Konnex zum nationalsozialistischen Lagersystem her. Zugleich verdeutlicht es, wie auch die beiden Stelen auf dem 1999 erneut restaurierten Friedhof, die europäische, wenn nicht menschheitliche Dimension des Erinnerns in Gurs: des Erinnerns an mehrfache, politisch wie ethnisch motivierte Deportationen und Internierungen.

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Vereinbarung der Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland

„Gedenken an die nach Frankreich deportierten Juden“

Im Jahr 2019 haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland eine Vereinbarung zum „Gedenken an die nach Frankreich deportierten Juden“ unterzeichnet.

Im Rahmen der Zusammenarbeit soll die Instandhaltung und Pflege der Gräber der nach Süd- und Mittelfrankreich deportierten Jüdinnen und Juden intensiviert und insbesondere die Jugendbildungsarbeit im Gedenkstättenbereich gefördert werden.

Vereinbarung der Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland

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Songprojekt "Berlin - Tel Aviv"

mit einem Gedicht von H. A. Joachim

Am 22. Oktober 2020 jährt sich die Deportation von über 6.500 Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nach Gurs zum 80. Mal.

Zum Gedenken an die Deportierten aus Freiburg und die vielen Geschichten und Schicksale, die damit verbunden sind, hat Gottfried Haufe gemeinsam mit dem Laut & Lyrik Ensemble, dem Twäng! Popchor und Silberhorn Film das Lied "Berlin - Tel Aviv" von Max Herre feat. Sophie Hunger gecovert.

Dem Lied ist das Gedicht "Der Gott der Väter" vom Freiburger Schriftsteller Hans Aron Joachim vorangestellt.

Das Projekt wurde gefördert von der Landeszentrale für politische Bildung BW, dem Freundeskreis Ehemalige Synagoge Sulzburg e. V., der Anna-Hugo-Bloch-Stiftung, dem Kulturamt der Stadt Freiburg, der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, der Haufe Group und der Strandkorbstiftung.

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